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Wege durch die Dunkelheit

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Overhaul:
Langsam folgte sie seiner Fährte. Dabei liess sie den Abstand mittlerweile etwas grösser werden - sie war abgelenkt. Ihre Tätowierungen brannten wie ein Feuer, der Schmerz unter ihrer Haut wurde immer stärker.

In den letzten Tagen war ihr eines klar geworden. Sie war Jägerin, ja, aber sie war auch Opfer. In dieser Hinsicht war sie dem jungen Mann ähnlicher als sie es wollte. Letztlich sassen sie beide in einem Boot. Und ihr war zugedacht worden, dieses Boot zum Sinken zu bringen.

Wut und Schmerzen umnebelten ihren Blick, während ihre Finger sich in den Stamm des Baumes gruben, auf dem sie auf die Nacht wartete. Wie perfide. Die Quelle ihrer eigenen Kraft war für sie zur Fessel, zur Erinnerung und zur Strafe geworden. Egal wie, bald würde es ein Ende finden. Ein schnelles Ende. Sollte sie jedoch eines Tages ihre Peiniger wiedertreffen, so würde diese Angelegenheit nicht so schnell über die Bühne gehen. Sie würde ihnen jede Minute der vergangenen Wochen zurückgeben. Sie würde Schmerz mit Schmerz vergelten.

Overhaul:
Wieder waren etliche Tage vergangen. Dagul hatte eine Menge gesehen und war viel herumgekommen, ohne ein konkretes Ziel vor Augen zu haben. Mehrere Male hatte ihn plötzlich das Gefühl übermannt, dass das, was er suchte nicht vor, sondern geradewegs hinter ihm zu finden sei. Jedesmal drehte er sich auf der Ferse um und lief in die entgegengesetzte Richtung weiter. Erfolglos.

Die zweite Sonne Rubi-Kas wollte der ersten gerade unter den Horizont folgen, als der Metaphysiker plötzlich eine Öffnung vor sich im Waldboden entdeckte. Ein Eingang, zweifellos. Der blutrote Himmel über ihm wurde von violetten, zerklüfteten Wolken überzogen, schon vor einer Weile hatte ein scharfer Wind angefangen zu wehen. Froh über die Aussicht, ein schützendes Dach über dem Kopf zu haben kletterte Dagul vorsichtig in die dunkle Öffnung.

Overhaul:
Die Gestalt kauerte im Halbdunkel der Dämmerung an einen Baum gelehnt. Sie war in einen dunklen Mantel gehüllt. Mehrere Male hätte der Mann sie beinahe überrascht, da er abrupt umgedreht hatte, als würde er ahnen dass sie ihm folgte. Der Schmerz, der ihren Körper wie eine zweite Haut umschloss liess sie unvorsichtig werden. Ruckartig riss sie eine Hand nach oben und krallte sich in die weiche Rinde des Baumstamms, der ihr Schutz und Halt bot. Durch die Bewegung rutschte der schwarze Stoff an ihrem Arm nach unten und legte Haut frei. Die einst blasse, beinahe weisse Haut war durchzogen mit violetten, beinahe schwarzen Linien, die wie Ranken einer Kletterpflanze über den Arm wucherten. Die einst so dominanten, tiefroten Tätowierungen gingen in einem Wirrwarr dunkler Wucherungen beinahe unter.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte die Gestalt in die heraufziehende Dunkelheit. Der Metaphysiker hatte die Öffnung im Boden entdeckt. Nun, dann war die Arena gefunden, die Jagd würde nun ein Ende haben. Sie hatte schon zu lange gewartet, hatte beinahe Sympathien für ihr Opfer entwickelt, für den jungen Mann, mit dem sie mehr Ähnlichkeiten hatte als  mit ihren Auftraggebern. Er würde ein schmerzloses Ende haben. Was sie für sich nicht zu hoffen wagte.

Eine weitere Welle Schmerz brandete über die gebückte Gestalt. Ein leises Fauchen. Dann blitzte es im Dämmerlicht auf, aus den Windungen des Mantels kam ein langer spitzer metallischer Gegenstand zum Vorschein. Mit einer jähen Bewegung rammte die Gestalt sich das dolchähnliche Gebilde in den Rücken der Hand, die noch immer in den Baum gekrallt war. Blut rann aus der kleinen Öffnung, die das Metall in das Fleisch gerissen hatte. Augen funkelten unter dem dunklen Stoff des Mantels. Der stechende Schmerz in der Hand liess sie die Wellen, die über ihren Körper zogen kurz vergessen. Entschlossen zog sie die Klinge zurück, blickte auf die blutende Hand und schlich dann langsam auf die Öffnung zu, in der Dagul verschwunden war.

Overhaul:
ooc: Die Ereignisse, die zu Daguls Rettung führten kann sicherlich jemand anders besser erzählen als ich ... ;)


Dagul hatte nicht lange suchen müssen. Nachdem er im Garten Aban angekommen war, fiel ihm plötzlich ein, was Ordeal gemeint haben konnte. Er lies sich nach Two Mountains transportieren, und da stand er, gross und geheimnisvoll: Der Embryo. Dort wo man eigentlich meinen möchte, dass das Leben beginnt....

Vorsichtig schritt er die steinerne Brücke zu dem seltsamen Gebildes herunter und umrundete es. Nach langer Kletterei erreichte er den Fuss des Embryos. Das unheimliche, orangene Leuchten liess die Umgebung unwirkliche erscheinen, Dagul vermied es, den riesenhaften Embryo zu berühren. Eines der unzähligen Geheimnisse, die Rubi-Ka und seine bizarre "Parallelwelt", die Schattenländer, noch immer hütete ...

Er tastete sich suchend durch das Halbdunkel. Eine Steinverwerfung richtete sich wie eine hühnenhafte Hand vor ihm auf. Und dort entdeckte er sie.

Die Gestalt lag im Dämmerlicht und schien zu schlafen. Dagul trat näher. Die Haut war blass, nur von hellroten Tätowierungen überzogen. Keine Spur war mehr zu sehen von den schwarzen Linien, die die Shade wohl das Leben gekostet hatten. Dagul beugte sich vorsichtig und kampfbereit über die Gestalt. Sie war tot.

Langsam hob Dagul sie auf seine Arme. Sie hatte ihn gejagt, wollte ihn töten, hatte ihn aber in letzter Sekunde verschont und damit ihr eigenes Leben geopfert. Friedlich auf seinen Armen liegend fiel ihr das Haar aus dem Gesicht. Dagul glaubte in ihrem Gesichtsausdruck Genugtuung, beinahe Zufriedenheit zu entdecken.

Die Shade wie ein schlafendes Kind auf den Armen machte sich Dagul auf den Rückweg. Es war Nacht, kaum jemand würde sich über ihn wundern.

Etwa 30 Minuten später hatte er sein Ziel erreicht. Sanft legte er Ordeal ab und begann, mit seinen Händen ein Loch im saftigen Boden Nascenses auszuheben. Während er grub, liess er sich die Ereignisse der vergangenen Tage nochmal durch den Kopf gehen. Sie hatte ihn mit ihrer Nadel gelähmt. Dann hatte sie sich zu ihm gesetzt, ihn beruhigt und ihm ihre Geschichte erzählt ...


Sie war auf der Jagd gewesen. Wie so oft hetzte sie durch die Dunkelheit - sie liebte das Dämmerlicht, aber die Nacht beinahe noch mehr. Sie war nicht primär eine Kämpferin gewesen, sondern eine Jägerin. Sie suchte den Kampf, aber sie liebte den Sieg. Wie ein Raubtier gleitete sie durch die Schatten, immer auf der Suche nach einem Opfer, das unaufmerksam war. Auf diese Weise hatte sie schon Beute geschlagen, die bei Tageslicht zu einer lebensgefährlichen Bedrohung geworden wären.

Bereits aus der Ferne erkannte sie einen leuchtenden Calan-Cur, der hühnenhaft auf dem Weg vor ihr stand. Sie fauchte leise - die Arroganz dieser Kreaturen war ihre grösste Schwachstelle. Leise näherte sie sich dem plumpen Riesen. Er war nicht alleine - noch nicht.

Lautlos verbarg sie sich im hohen Gras. Der nächste Calan-Cur in der Gruppe war nun keine 5 Meter mehr von ihr entfernt. Sie liess ihre Nadeln geschickt aber unbewusst kurz um ihre Finger rotieren, dann griff sie sich einen auf dem Boden liegenden Ast und zerbrach diesen mit einem leisen Knirschen. Durch ihre Erfahrung wusste sie genau, welches Holz wie laut zerbrach, wie weit man dieses Geräusch hören konnte. Hochmut kommt vor dem Fall - der Calan-Cur, durch seine Grösse und Stärke unvorsichtig, blickte in ihre Richtung. Dann stapfte er langsam los, einen debil-suchenden Ausdruck auf dem Gesicht. Ordeal glitt zwei Meter zur Seite und wartete, bis die Kreatur das von ihr plattgedrückte Gras entdeckte. In dem Moment, in dem der Calan-Cur seine Freunde - so denn die verdammten Seelen so etwas wie Freunde haben - alarmieren wollte sprang sie auf. Im Sprung holte ihr linker Arm in der Dunkelheit aus, ihre Kleine Nadel drang mit enormer Wucht genau zwischen zwei Platten seines Panzers. Dieser erste Schlag verletzte ihren Gegner nicht ernsthaft, aber er lähmte ihn. Mit aufgerissenem Mund und aufgerissenen Augen stand ihre Beute da. Nicht einmal jetzt entdeckte sie Angst in seinen Augen, nur Fassungslosigkeit. Seine Arroganz liess es ihm unmöglich erscheinen, dass eine so kleine Gestalt das letzte sein würde, was er sah. Dann kam der Schmerz. Durch den abgedrückten Nerv extrem verlangsamt drehte sich die Kreatur herum. Ordeal hing in knapp einem Meter Höhe an ihm, in ihrer rechten Hand blitzte es auf und eine zweite Nadel bohrte sich in die Brust des Calan-Cur. Dieser taumelte einen Augenblick. Ordeal verlagerte ihr Körpergewicht und drehte so die riesige Gestalt um, sodass diese von der Gruppe weg strauchelte. Sie zog die Nadel aus der Brust des Riesen und stach erneut zu. Nur Sekundenbruchteile waren seit dem Angriff vergangen, als sie die Nadel kraftvoll und geschickt von unten in die Kehle ihres Opfers trieb. Das erste Geräusch des Calan-Cur war zugleich sein letztes. Ein leises Röcheln, dann torkelte er einige Meter rückwärts. Als sie erkannte dass sie diesmal besonders leichtes Spiel gehabt hatte zog sie ruckartig die Nadel aus seinem Rücken. Der zweite Dolch gab ihr immernoch Halt auf dem Körper des Riesen. Sie zog die Beine an und setzte ihre Knie auf den grossen Brustkorb. Dann stiess sie sich kraftvoll ab - der Calan-Cur taumelte noch einen Meter, während sie die zweite Nadel aus seiner Kehle riss. Ein warmer Schwall dunklen Blutes sprudelte aus der kleinen Öffnung. Von ihrem Stoss endgültig aus dem Gleichgewicht gebracht torkelte die Kreatur noch kurz. Noch bevor er mit einem leisen, dumpfen Schlag auf dem weichen Boden zu liegen kam rollte Ordeal ab und kam kauernd zum Stillstand.

Niemand hatte etwas gemerkt.

Neben ihr ertönte leises Klatschen. Ordeal wirbelte herum - und sah einen schlanken, blassen Mann im Gras sitzen und lächeln. Seine komplett schwarze Kleidung liess die Blässe seines Gesichtes im Dunkeln noch heller wirken. "Hervorragende Arbeit, meine Liebe, wirklich hervorragend, das muss ich euch lassen." sagte er mit einem süffisanten, widerlich selbstgefälligem Grinsen, während er eine Augenbraue hochzog. Trotz der schmalen, zusammengekniffenen Lippen hätte sie diesen Mann vermutlich als gutaussehend bezeichnet, hätte seine Arroganz sie nicht sofort wütend gemacht. Sein Grinsen war kalt und liess nicht mal einen Ansatz von Humor vermuten. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie ihre Waffen zwischen ihn und sich gebracht. "Aber nicht doch, werte Ordeal, wir wollen uns doch nicht streiten ..." Gemütlich stand der Mann auf. Ordeal verlagerte ihr Gewicht so, dass sie auf einen Angriff von zwei Seiten vorbereitet wäre - denn offensichtlich hatte ihr Gegenüber in seiner selbstverliebten Art die Gruppe Calan-Curs übersehen, die vermutlich langsam anfingen, sich Gedanken über den Verbleib ihres Kumpans zu machen. Als könnte er ihre Gedanken lesen lachte der Mann laut los. "Wisst ihr, meine Liebe, ich wollte ungestört mit euch reden." Er ballte seine rechte Hand zur Faust, dann öffnete er sie wieder. Über seiner Handfläche schwebte summend eine kleine, wabbernde Kugel aus Nanobots, die langsam nach oben schwebte. Sie war vielleicht drei Meter hoch, als sie an ein Hindernis zu stossen schien. Zuerst verformte sie sich etwas, dann zerbarst der Nanoball mit einem lauten Knall. Aus dem Augenwinkel warf Ordeal einen Blick zu der Gruppe Calan-Curs herüber - diese standen völlig bewegungslos herum und schienen nichts wahrzunehmen. "Ich hätte ein Angebot, welches ihr kaum werdet ausschlagen können."

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