Huhu, wie man am anderen Thread sieht, bin ich ja zur Zeit auch in Lotro unterwegs.
Davor allerdings hatte ich die Gelegenheit genutzt und mir D&D-Online für den kostenlosen
10-Tage-Test anzuschauen.
Da diese Forenrubrik schon recht viel Infos zu allen möglichen Online-MMOs enthält,
dachte ich, ein kleiner Bericht ist vielleicht interessant, auch wenn zur Zeit alle ja eher
in Mittelerde verweilen.
Grundsätzlich: DDO ist tatsächlich das erste MMORPG, welches komplett anders ist als
die bislang bekannten. Es legt den Hauptaugenmerk auf die Questen, was gleichzeitig
die grösste Stärke und Schwäche des Spiels ist.
Aber der Reihe nach:
Charachtererstellung:
Wer Lotro kennt, dem muss ich nicht mehr viel erzählen, denn abgesehen davon, dass
es natürlich andere Rassen und Klassen gibt hat man bei Lotro die Char-Erstellung
von DDO übernommen (beide Spiele sind von codemasters bzw. turbine), was Menüs
und die optischen Einstellmöglichkeiten betrifft.
Man wählt die Rasse (Mensch, Elf, Zwerg, Halbling, Kriegsgeschmiedeter) und die Klasse,
die nett über Filmchen kurz erläutert wird (Krieger, Barbar, Paladin, Schurke, Priester,
Magier, Hexer, Ranger, Barde) und verändert das Gesicht seines/seiner Recken.
Dann bekommt man einen Vorschlag für die Charwerte, da man wohl davon ausging,
dass viele Spieler die Regeln von D&D nicht kennen und die sind auf den ersten Blick
kompliziert, natürlich kann man aber auch alles selbst aussuchen.
Hier ist alles frei wählbar, die Grundlegenden Charwerte (Stä, Gesch, Konst, Int, Weisheit,
Charisma) werden per Punktesystem vergeben, je nach Klasse und Int-Wert gibts
dann noch Punkte in Skills zu verteilen (ca. 20 Skills, Springen, Diplomatie, Erste Hilfe,
Schlösser öffnen, Fallen entschärfen, Konzentration uvm)
Dann kann man noch einen oder zwei Perks (je nach Rasse oder Klasse) auswählen,
die hier Feats heissen und von denen man nur eine Handvoll bekommt im Laufe
des Spiels, die dafür aber recht stark sind und am Char viel ändern.
Da gibts Waffenstile (Zweihand, Zwei-Waffen), besondere Kampfmanöver,
Zauberoptionen, Rüstungsmöglichkeiten uvm.
Da man das Pen&Paper System von D&D voll übernommen hat kann man hier seinen
Char so richtig schön ausgestalten. Das System ist überdacht und erlaubt es einem
seinen Char frei in eine bestimmte Richtung zu entwickeln, ohne dass man einen "uber-
nur-so-darf-man-skillen"-Char machen kann, denn es gibt einige Balancing-Mechanismen.
Natürlich gibt es auch hier viele Standard-Chars, der heilende Heiler, der Backstab-Schurke,
der Feuerball-Magier, aber in den Foren kann man viele schöne Ideen nachlesen,
wo Leute es geschafft haben durchaus mächtige Nahkampf-Magier oder anderes
zu basteln.
An dieser Stelle sollte ich auch erwähnen, dass man bei jedem der nur 14 Level im
Spiel seine Klasse neu wählen kann. Es ist kein Problem, einen Krieger10/Priester2/
Schurke2 zu machen, aber man kann dann halt nichts richtig gut, ist aber sehr
flexibel und es ist ja nett wenn man sich selbst zb. auch ein bissel heilen kann.
Da selbst Turbine die 14 Level (bei Release waren es nur 10, max ist 20 in D&D)
selbst etwas wenig erschienen hat man sich etwas von den original-Regeln
entfernt und in jeder Stufe 5 Abschnitte eingebaut, bei der man "Enhancements"
bekommt, dass ist ungefähr wie bei WoW die Talente, Fähigkeiten, die prozentuale
Boni auf gewisse Skills oder Zauber geben, oder mehr Mana oder ähnliches.
Das Balancing der Klassen gegeneinander richtet sich übrigens nach den Spielanteilen,
nicht nach der Kampffähigkeit. Schurken und Magier sind solo so gut wie unspielbar,
da sie zu oft getroffen werden, Nahkämpfer dominieren die Schadens-Rankings,
was aber egal ist, da jede Klasse ihre Spielanteile und Fähigkeiten hat und benötigt
wird, es gibt für tote Monster eh keine XP, sondern nur für das ganze Abenteuer,
aber dazu gleich mehr.
Alles zusammen fand ich die Charentwicklung wirklich klasse und flexibel, wenn auch durch
die wenigen Level etwas begrenzt.
Questen:
Hier ist der Hauptpunkt von DDO wie oben geschrieben, es einfach nur Questen zu
nennen wäre auch untertrieben, es gibt hier keine "bring mir 5 Wolfspelze"-Aufgaben,
sondern jede Quest ist ein eigenständiges Abenteuer in einem Gewölbe, dass man
erkundet, das mit Fallen gespickt ist und dessen Layout und Monster-Platzierung von
Hand designt ist. Wenn man so will gibt es in DDO nur Instanzen, die allerdings meist
viel viel kleiner sind als die in WoW. Ich denke im Durchschnitt hab ich so 15-30 Minuten
pro Abenteuer gebraucht, einige waren im Stundenbereich.
Die Athmosphäre in den Abenteuern ist klasse, es gibt sogar einen "Erzähler",
der einem erzählt, was man in den Räumen sieht, je höher man den "Entdecken"
und "Hören"-Skill hat, desto mehr gibt er Preis, in Sprachausgabe.
Ich hätte das selbst nicht gedacht, aber dadurch kommt echt ein klasse Feeling
auf, wenn du z.b. vor einer Tür hörst "Du hörst die kehligen Laute von vielen
Kobolden hinter der Tür", weil mein Char einen guten Lauschen-Wert hat.
Für ein Abenteuer gibt es eine feste Anzahl XP, ob man jetzt an den Monstern vorbei
geschlichen ist oder ob man sie erledigt hat... es gibt Boni auf die XP, wenn der Schurke
(oder ein Char der sowas kann) z.b. Fallen ausschaltet oder Geheimgänge entdeckt,
die für die ganze Gruppe gelten, die XP für ein Abenteuer werden auch nicht
geteilt, wenn man mit der Gruppe reingeht, man bekommt immer den vollen Betrag,
egal ob solo oder in ner 6er Gruppe.... das hebt natürlich den Anreiz sehr, eine
Gruppe auch vollzumachen. Soloing ist aber möglich, allerdings gibt es Questen die
einfach nicht gehen (weil man z.b. zwei Bodenplatten gleichzeitig drücken muss um
eine Tür zu öffnen) und es gibt höhere Schwierigkeitsgrade (Hart/Elite), die solo
oft nicht zu machen sind.
Es gibt übrigens in den Questen keine natürliche Heilung, d.h. was man an
Treffern verliert ist weg, genauso die Zauberpunkte. Man muss also Haushalten
und es gibt kein "reggen" nach nem Kampf, lediglich 1-2 Schreine in längeren
Abenteuern, wo man sich wieder auffrischen kann.
Ein weiterer Punkt mit grossem Unterschied gegenüber den klassischen MMO ist,
wie diese Abenteuer gespielt werden. Der Kampf läuft zwar nach den Char-Werten
ab, ist aber eher an Action-Spiele angelegt, ich muss meine Waffe schwingen und evtl.
mal von Hand blocken oder (wenn ich den Skill Turnen hab), evtl. mal ne Ausweichrolle
nach Hinten machen, ich kann das Gelände ausnutzen und Pfeilen auch wirklich durch
einen Sprung zur Seite ausweichen. Ein Pfeilschuss ins Getümmel kann auch aus
versehen den eigenen Mann treffen (es sei denn man hat einen speziellen perk)
usw. es spielt sich sehr dynamisch, dennoch geht alles nach festen Regeln ab.
Die Taktik kommt auch nicht zu kurz, so hatte ich es einmal, dass ein Magier einem
Krieger einen "Sprung"-Zauber verpasste und der schlicht über die erste Reihe
Kämpfer drübersprang um hinten die verletzlicheren Magier der Gegner zu
erwischen, ansonsten hätten die Gegner vorne ihn geblockt.
Was ich tierisch klasse fand war die Implementierung der Schurkenfähigkeiten,
hat man den Skill "Entdecken" hoch genug, wird man oft gewarnt, dass da eine
Falle (oder ein Geheimgang) vor einem ist. Man kann dann über die Suchen-Fähigkeit
danach suchen und sieht dann oft die Auslassöffnungen der Falle und meist
irgendwo an der Wand ein kleines Kästchen, an dem man die Mechanik der
Falle deaktiveren kann. Es wird auch immer schön auf den Schurken gewartet,
wenn man mal voll in ne Falle reingesprintet ist und nachher mit weniger als halbem
Leben da stand überlegt man es sich zweimal ob man immer vorneweg ist
Ich bin auch echt ein paarmal richtig erschrocken, wenn ich ne Treppe runterging
und plötzlich mit nem lauten Woosh in ner Flammenfontäne stand.
Die schön designten Abenteuer sind eines, die Welt etwas anderes, und da
hat man leider nicht so gut gearbeitet. Es gibt eigentlich keine Welt, sondern
nur eine Stadt, was noch nicht so schlimm wäre, aber ich fand die Verknüpfung
der verschiedenen Abenteuer eher mau, die durchaus existente Storyline
konnte mich nicht gefangen nehmen und man geht eher von Abenteuer zu
Abenteuer.
Hier hab ich echt WoW vermisst, wo man (trotz des stark verkleinerten
Masstabs) doch das Gefühl hatte, verschiedene Regionen mit ihren
Eigenheiten und Problemen zu besuchen.
Allerdings muss ich sagen dass ich in den 10 Tagen nicht soweit kam,
dass ich auch mal in die Landschaftsabenteuer schauen konnte, die
Turbine mittlerweile eingebaut hat, die waren eher hochstufig.
Ein weiterer Nachteil der "Handmade"-Abenteuer ist, dass es wohl
viel Aufwand kostet die zu machen und es dementsprechend auch
nicht sooo viele gibt, zwar viele hundert, aber man spielt ein MMO
ja auch eine Weile und wie man sagt muss man wohl ab Stufe 6
öfters mal Abenteuer einer Stufe wiederholen muss, weil es nicht
genug neue gibt. Auch hätte ich mir etwas mehr unterschiedliche
Orte gewünscht, zumindest anfangs spielt sich fast alles entweder
in der Kanalisation oder in Lagerhäusern ab, auch das sorgt nicht
für Langzeitmotivation.
Andererseits sind manche Abenteuer aber so klasse, dass ich sie
von mir aus schon mehrfach und in mehreren Schwierigkeitsgraden
gemacht habe, teils wegen ner Belohnung, teils, weil ich bestimmte
Stellen einfach mal anders probieren wollte.
Was ich noch positiv vermerken kann ist die Community. Die Leute
sind sehr erwachsen und auch Pickup-Gruppen sind angenehm
zu spielen (meist). Ich hab auch Rollenspiel bemerkt, finde aber
dass die Struktur der Welt dass nicht gut hergibt. Die Gruppensuche
war auch sehr gut.. ich hab einmal zum testen eine Gruppenanfrage
"Newbie sucht nette Gruppe für Anfänger-Quests" eingegeben und
hatte nach ca. 20 Sekunden die Gruppe voll und konnte die Hilfsangebote
und Gruppenanfragen gar nicht alle bedienen die da ankamen.
Als Fazit kann ich sagen dass ich mir das Spiel durchaus mal zu gemüte
führen würde und irgendwann vielleicht auch mal werde. Es spielt sich
ganz anders und hinterliess bei mir oft einen "so muss eine Quest aussehen"-
Eindruck, die Char-Erstellung ist dank bewährter D&D 3.5 Regeln auch
solide und gut, nur an der Welt haperts in meinen Augen etwas, fast
wie in Guild Wars dient die Stadt nur als Sammel- und Zwischenstation
zwischen den einzelnen Abenteuern und wirkt daher wenig athmosphärisch
und leblos.