dEUS

[Overhaul]

Aus gegebenem Anlass ...

Vor etlichen Jahren brachte meine damalige Freundin eine CD nach Hause, die zuerst einmal ein Wenig Spott erntete: dEUS, gOTT, solche Vermessenheit in der Namensgebung hatte ich vielleicht im Heavy Metal für möglich gehalten. Nach kurzem Naserümpfen legten wir den Silberling ein, und aus meiner Belustigung wurde Hellhörigkeit: irgendwo zwischen poetischer Leichtigkeit und kakophonischen Klangkaskaden, die die Boxen zum Vibrieren bringen entfalteten sich traumhafte Melodien, die von der rauhen aber schmeichelnden Stimme des Frontmannes Tom Barman über nie überfrachtete, aber stets hochkomplexe Soundstrukturen getragen werden. Die freudige Erregung darüber, möglicherweise das Debut des Jahrzehnts entdeckt zu haben wurde nur allzu bald von einem anderen, nur auf den ersten Blick negativem Gefühl begleitet: Die Enttäuschung darüber, dass es schlicht unmöglich sein müsse, dass diesem Meilenstein ein auch nur ansatzweise angemessenes zweites Album folgen könne. Ein Worst Case Scenario? Nun ...

Eineinhalb Jahre später, dEUS hatten einen festen Platz in meinem CD-Player erhalten, erschien es dann, das zweite Album. Und schaffte das Unmögliche auf Anhieb: In A Bar, Under The Sea stellte die Schönheit von w.c.s. unglaublicher Weise in den Schatten. dEUS schienen ihren Weg konsequent weitergegangen zu sein: Rauher, melodiöser, komplexer, vielseitiger, schmeichelnder noch als das erste Album schaffte die Band es, mich bereits bei Ersten durchhören zu berühren. Ich weiss noch sehr gut, dass ich das Album für meine Freundin zum Geburtstag kaufte. Ich hielt es jedoch nicht aus, mit dem Anhören bis zu dem Tag zu warten, und wenn ich mich recht erinnere hörte ich den Supermarket Song so ca. 1 Stunde lang in Endlosschleife, Kracher wie "Little Arithmetics" oder "For The Roses" (soweit ich weiss dEUS' einziger richtiger "Hit") sorgten dafür, dass ich mit verzücktem Lächeln stundenlang vor meinem Computer sass - meine Freundin durfte es ja noch nicht hören

Dann wurde es eine Weile recht still um die sympathischen Belgier. Meine Schwester, die im Dreiländereck studiert verschaffte mir den extrem sperrigen und experimentellen Live-Session-Mitschnitt My Sister = My Clock, der deutlich weniger poppig als die anderen Alben ist und sicher nicht nebenbei gehört und verdaut werden kann. Ansonsten liessen dEUS auf sich warten.

Dann kam es zum Ideal Crash. Schon rein äusserlich unterschied sich die Veröffentlichung von den bisherigen Alben. Ein Schnappschuss, eine Momentaufname ersetzte die in dicke Ölfarbe gekratzten Gemälde, die die ersten drei Alben zierten (ein Freund von mir kaufte sich w.c.s. und In A Bar zusätzlich auf Vinyl, um mit den grossen Albumcovern seine Wohnung zu verzieren). Und auch akkustisch schien das Album beim ersten mal anhören glatter, weniger gewagt als seine Vorgänger. Mit jeder Umdrehung im CD-Spieler schraubte sich jedoch auch dieses Album tiefer und tiefer in meine Gehörgänge. Das Dilemma war perfekt, ich war einer Band verfallen, deren "Best Of" nach drei Studioalben im Grunde wiederum drei CDs umfassen müsste.

Vor ein paar Wochen war es dann soweit: dEUS riefen die Pocket Revolution aus. Das Album ist bestellt, ein Grossteil der Songs quillt schon seit Tagen aus meinen Boxen. Bisher scheint es mir, als wäre der Titel Programm: Im Gegensatz zu der Überwältigenden Frische, die jedes bisherige dEUS-Album auszeichnete haben wir es hier wohl eher mit einer Taschenrevolution zu tun. Was immernoch weit mehr Revolution ist, als es die meisten anderen Bands heutzutage zustandebringen. Und wer weiss, was noch passiert ...

Langer Rede kurzer Sinn: In meinen Augen sind dEUS eine absolute Ausnahmeerscheinung, eine Band, die man ebenso hören kann wenn man himmelhoch jauchzend ist wie wenn man traurig oder unzufrieden ist, an sonnigen Frühlingstagen, wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres durch das Fenster brechen und den aufgewirbelten Staub im Licht tanzen lassen ebenso wie an nasskalten Herbstabenden - Zucker für die Ohren, Futter fürs Gehirn, Balsam für die Seele.

Wers nicht glaubt soll es mal ausprobieren, wer es glaubt kommt demnächst mit aufs Konzert. Ich glaube ich habe mich noch nie so auf einen Liveauftritt gefreut.

"Der Worte sind genug gewechselt. Nun lasst mich endlich dEUS hören"



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